Initiative zur Umbenennung
der Pacelliallee in Berlin Dahlem
in Golda-Meir-Allee

 

Initiative zur Umbenennung
der Pacelliallee in Berlin Dahlem
in Golda-Meir-Allee

Initiative zur Umbenennung
der Pacelliallee in Berlin Dahlem
in Golda-Meir-Allee

Wer sich den Stadtplan von Berlin-Dahlem genauer anschaut, der findet unter all den Straßennamen nur einen einzigen, der nach einer Frau, in diesem Fall Königin Luise, benannt ist. Wir fordern die Benennung in Golda-Meir-Allee.

Auf diese Weise würde das Lebenswerk einer bedeutenden Frau gewürdigt, die es geschafft hat, aus einfachsten Verhältnissen kommend, zu einer der ersten weiblichen Regierungschefinnen überhaupt aufzusteigen. Zudem gibt es einen klaren Bezug zu Berlin, weil sie bereits 1960 als Außenministerin den damaligen Regierenden Bürgermeister Willy Brandt in Israel empfangen hatte. Auch vor dem Hintergrund der besonderen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland hätte diese Umbenennung eine Signalwirkung und würde zudem das eklatante Missverhältnis zwischen männlichen und weiblichen Straßennamen in Berlin-Dahlem korrigieren.

Wir halten es für sinnvoll, dass für diese Ehrung die prominente Berliner Verkehrsachse Pacelliallee ausgewählt wird. Die jüdische Aktivistin Golda Meir wäre ein idealer Gegenentwurf zu jenem Mann, nach dem die Straße heute benannt ist.

Denn der Nuntius und spätere Papst XII. gilt unter zahlreichen Historikern als höchst problematische Persönlichkeit. Seit Jahrzehnten streiten sie wie bei kaum einem anderen Papst darüber, wie sein Handeln – insbesondere zu faschistischen Regierungen – zu bewerten ist. Es ist weder unsere Absicht in den Auseinandersetzungen um den umstrittenen Papst Partei für eine Seite zu ergreifen oder uns eine der Positionen zu eigen zu machen.

Wir fragen stattdessen: Selbst wenn jemand viele Follower hat und in deren Augen auch viel Gutes tat: Wer würde heute eine Straße nach jemandem benennen, unter dessen Verantwortung unzähligen Kriegsverbrechern wie Adolf Eichman oder Joseph Mengele die Flucht vor der Justiz ermöglicht wurde?

Wir verfolgen ausdrücklich nicht den Cancel-Culture-Trend, Geehrten aus dem 19. oder frühen 20. Jahrhunderts vorzuwerfen, dass für sie Werte selbstverständlich waren, die heute ablehnenswert sind. Allerdings waren Frauenfeindlichkeit, Antisemitismus und Schutz von Massenmördern auch damals alles andere als selbstverständlich und akzeptabel.

Es gibt viel Aspekte im Lebensweg und -werk des Geehrten, Eugenio Pacelli, Papst Pius XII., die zahlreiche Historiker kritisch sehen:

  • Pacelli verbreitete über Jahrzehnte antisemitsch-frauenverachtende Bemerkungen.
  • Trotz des Vernichtungskrieges der Wehrmacht gegen Zivilisten in Osteuropa hoffte er auf deren Sieg.
  • Pacelli verhandelte 1933 das Reichskonkordat, einer der ersten außenpolitischen Erfolge des NS-Regimes – vor allem aber bot er den Nazis von sich aus an, dem deutschen Klerus ein politisches Betätigungsverbot aufzuerlegen.
  • Nachdem anschließend mit seiner Unterstützung die katholische Deutsche Zentrumspartei aufgelöst und viele Zentrumspolitiker und katholische Geistliche in Konzentrationslager verschleppt wurden, blieb Pacelli eher still.
  • Ebenso blieb ein flammender Protest aus, als das NS-Regime tausende polnische katholische Ordensfrauen und Priester (darunter vier Bischöfe) ermordete und viele tausend mehr in Konzentrationslager sperrte.
  • Unzählige deutsche katholische Priester wurden in Konzentrationslager verschleppt oder vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt, ohne dass diplomatische oder öffentliche Proteste des von Pacelli verantworteten Vatikans erfolgten.
  • Als das NS-Regime begann, hunderttausende Kranke und Behinderte in Deutschland zu ermorden, hielt der mutige, selig gesprochene Clemens August Kardinal Graf v. Galen derart energische Predigten gegen das Morden, dass die NS-Machthaber es lange unterbrechen mussten – wieviel wirkungsvoller wäre ein Protest führender Vertreter des Vatikan gewesen: Radio Vatikan sendete seit 1937 auch in deutscher Sprache.
  • Nach dem Krieg ermöglichte der Vatikan unter Pacellis Verantwortung unzähligen NS-Verbrechern die Flucht vor der Justiz, beispielsweise Adolf Eichmann und Josef Mengele.

Viele Villen gerade in der heutigen Pacelli-Allee wurden durch antisemitisch-rassistische Taten der Nationalsozialisten ihren jüdischen Eigentümern entrissen – und oft auch ihr Leben. Wir halten es für unangemessen, dass ausgerechnet ein solcher Tatort nach jemandem benannt ist, unter dessen Verantwortung antisemitische Täter vor der Justiz geschützt wurden.

Nachdem Pacelli über 71 Jahre lang durch eine nach ihm benannte Straße geehrt wurde, ist es an der Zeit, einen Gegenentwurf zu realisieren.

Nach den aufgestellten Kriterien ist die ideale Kandidatin für die Umbenennung Golda Meir. Dafür gibt es gleich mehrere gute Gründe:

  • Als jüdisches Flüchtlingskind kam sie in ein fremdes Land und machte dort Karriere.
  • Schon in jungen Jahren wurde die linke Aktivistin Chefin einer Gewerkschaft.
  • Immer wieder versuchte sie mit Verhandlungen Krieg und Gewalt zu verhindern.
  • Als langjährige Arbeitsministerin Israels setzte sie sich für Arbeiterrechte aller israelischen Staatsbürger – Muslime und Juden – ein.
  • Als Außenministerin Israels suchte sie Verständigung mit verfeindeten Staaten, aber auch mit dem postnationalsozialistischen Deutschland.
  • Golda Meir war die dritte Frau der Weltgeschichte, die frei gewählte Regierungschefin wurde und die erste die dies ohne familiäre Macht- und Finanzstrukturen erreichte.

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Eine Initiative von

Ralf Balke und Julien Reitzenstein